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NEWSLETTER 05/2005



MENSCHEN: Top-Manager und das Thema Coachinf

INTERVIEW MIT ULRICH GRANSEYER.



Ulrich Granseyer Aktueller Schwerpunkt ist heute das Interview mit Ulrich Granseyer, Vorstand im Bibliografischen Institut & F.A. Brockhaus AG, Mannheim. Diesen für deutsche Verhältnisse großen Mittelständler im Verlagsbereich kennt jedes Kind von Produkten wie dem Rechtschreibduden oder, gerade aktuell in aller Munde, der aktuellen Brockhaus Enzyklopädie. Der Verlag wurde vom Management in den letzten Jahren erfolgreich auf Marktorientierung hin umgebaut und zählt zu den Flagschiffen der Wissensgesellschaft.

Evolutionen:  Wie sind Sie persönlich mit Coaching in Berührung gekommen und was heißt für Sie Coaching im beruflichen Umfeld?

Ulrich Granseyer: Persönlich bin ich im Zusammenhang mit Rollenproblemen und -klärungen mit Coaching in Berührung gekommen.

Führungskräfte stehen unter einem spezifischen Problemdruck, sowohl in ihrem beruflichen als auch in ihrem privaten Bereich. Im Unternehmen sind ihnen Mitarbeiter unterstellt, gleichgestellt sind Kollegen. Die Führungskraft selbst hat wiederum einen Vorgesetzten oder ein übergeordnetes Gremium wie einen Aufsichtsrat übergeordnet. Sie ist entsprechend im Unternehmen einem breiten Spektrum von Rollenerwartungen ausgesetzt. Im Wechselspiel von Reagieren und Agieren hat sie gleichzeitig die Rollen des Mitarbeiters, des Kollegen und des Vorgesetztem auszuüben.

So ist die übliche Lage, aus der heraus Führungskräfte Ergebnisse erzielen sollen und wollen, die man auch in der Betriebsöffentlichkeit als ihre Erfolge, als ihre Wirksamkeit im Unternehmen anerkennt. Nach meiner Erfahrung führt das häufig dazu, dass man sich mit dem Bereich, für den man verantwortlich ist, und in dem man Ergebnisse erzielen will, stark identifiziert, ihn zunehmend von anderen Bereichen abgrenzt und als sein "Eigentum" begreift, in das man "Fremde" nur "mit Erlaubnis" lässt.

Ähnlich war die Situation für mich, als ich vor etwa 5 Jahren erstmalig als "Coachee" mitten in einem Coachingprozess stand. Vorausgegangen war die Einstellung einer gleichgestellten Kollegin, mit der ich, zwar mit unterschiedlichen funktionalen Schwerpunkten, aber letztlich doch gemeinsam einen größeren Unternehmensbereich weiterentwickeln sollte. Diesen Bereich hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt als "meine eigene Spielwiese" betrachtet und nun sollte ich auf Augenhöhe agieren, also auch meine Erfolge teilen. Umgekehrt spürte die neue Kollegin sehr deutlich die Zäune und Hürden, die ihr insgesamt von meinen Mitarbeitern, vermutlich auch von mir, entgegengestellt wurden. Im Zuge einer Reihe bilateraler Gespräche mit einem externen Berater wurde der Kollegin und mir der Bedarf an einem gemeinsamen Coaching relativ schnell deutlich. Wesentliches Ziel war die Ausbildung einer Plattform, auf der eine konstruktive, zielorientierte und vertrauensvolle Zusammenarbeit stattfinden konnte und gemeinsam Prozesse und Abläufe, die nicht mehr auf die eigenen Funktionsbereiche beschränkt waren, gesteuert werden konnten.

Dieser Prozess war in jeder Hinsicht erfolgreich – der Unternehmensbereich entwickelte innerhalb kürzester Zeit eine beispielhafte Dynamik und eine zielorientierte Kraft, die man ohne Coaching und im Nebeneinander der beiden Führungskräfte nicht erreicht hätte.
Anhand dieses Beispiels will ich erläutern, was für mich Coaching im beruflichen Umfeld ist: es ist ein Beratungsprozess, der Blockaden lösen und dadurch Organisationsprozesse in Gang setzen soll, die die Beteiligten in die Lage versetzen, ihre eigenen Fähigkeiten und Qualitäten zur Lösung von Problemen und zur Erreichung wichtiger Ziele effizient einzusetzen. Dieser Prozess muss in der Regel durch einen Berater begleitet werden, der durch psychologisch-therapeutische Vorbildung zu Interventionen bei den Beteiligten in der Lage ist und dabei helfen kann, vor allem Wahrnehmungsblockaden oder "blinde Flecken" ansprechbar zu machen. In diesem Sinne ist Coaching ein konsequentes und zielgerichtetes Arbeiten an den sog. "weichen Faktoren" unserer betrieblichen Zusammenarbeit — etwas, was oft im Tagesgeschäft unterbleibt oder bewusst in eine "nicht-sachliche" Nische gerückt wird. Aber gerade diese weichen Faktoren hindern häufig auch Führungskräfte daran, sich in bestimmten Situationen ebenso kompetent zu verhalten wie in anderen.

Warum ist es auch heute noch schwierig, offen über Coaching zu sprechen? (Oder ist es das gar nicht?)

In der Tat erlebe ich zurzeit noch nicht, dass Coaching als wesentliches und entscheidendes Entwicklungsinstrument von Führungskräften angesehen wird. Immer wieder — hier schließe ich mich selbst auch ein wenig ein — wird der Wunsch nach einem Coachingprozess auch als persönliche Schwäche ausgelegt. Das kann mit bekannten Persiflagen über den Manager auf der Couch des Psychotherapeuten zu tun haben (schließlich schreibt man Couch fast so wie Coach) oder mit dem alten Bild des starken Führers, der alle Antworten kennt und keine Beratung mehr benötigt. Vermutlich spielen aber auch die möglichen neuen Erkenntnisse und damit Unwägbarkeiten, die sich bei der Beschäftigung mit z.B. Wahrnehmungsblockaden ergeben können, eine Rolle: Diese Beschäftigung setzt ja eine persönliche Offenheit voraus, sich selbst in verschiedenen betrieblichen Handlungsräumen distanziert und auch kritisch zu beobachten und zu hinterfragen.

Es hängt aber sicherlich auch mit unserer Fixierung auf harte Faktoren, auf die reine Sach- und Entscheidungsebene zusammen, die im Tagesgeschäft wichtig und unverzichtbar ist. Beratungsprozesse, die darauf setzen, den Beteiligten stärker zu machen und in die Lage zu bringen, Eigen- und Selbstorganisationsprozesse auszulösen, sind langwieriger und nicht in dem Maße zielorientiert, wie MbO-Formulare es verlangen. Hierbei wird verkannt, dass es aus meiner Sicht eine ganze Kategorie von innerbetrieblichen Problemfeldern gibt, denen man nur mit Coaching­ begegnen kann. Das Ergebnis solcher Prozesse ist dafür in der Regel stabil, langanhaltend und vor allem, es ist transferfähig.

Coaching wirkt auf persönliche Qualifikation und Motivation des Managers. Wie stellen Sie sicher, dass Top-Leute ihr „Mehr“ an Können dem Unternehmen zur Verfügung stellen?

Mit dieser Frage habe ich Schwierigkeiten. Es ist richtig, dass Coachingprozesse auf persönliche Qualifikationen und Motivationen des Managers einwirken — eben in dem bereits beschriebenen Sinn. Trotzdem sind für mich Coachingprozesse, die ich beruflich initiiere oder an denen ich teilnehme, aus betrieblichen Problemfeldern entstanden. Es geht mir nicht darum, die Persönlichkeit des Managers durch Coaching umfassend zu verändern oder zu gestalten — das würde ich sogar ablehnen. Zudem sind Persönlichkeitsmerkmale nur in Grenzen veränderbar, und wenn sie dem Führungsverständnis oder der Kultur des Unternehmens diametral widersprechen, ist der Manager für die Aufgabe letztlich nicht geeignet. Insofern bin ich überzeugt davon, dass Top-Leute ihr "Mehr" an Können  nur dann dem Unternehmen zur Verfügung stellen, wenn es in dem Unternehmen auch ein "Mehr" an Herausforderungen gibt.

In welchen Situationen würden Sie ganz persönlich auf einen Coach zugreifen?

Je höher die Hierarchieebene, umso einsamer wird es, umso weniger Rückmeldungen erhält man. In dieser Situation wird eine partizipative Führung immer wichtiger, womit sowohl die Art und Weise der Zusammenarbeit mit Führungskräften also auch die Kommunikation und Beteiligung an strategischen Vorgehensweisen. Die Handhabung und Steuerung immer komplexer werdender Systeme und Problemstellungen ist nur dann einigermaßen sicherzustellen, gleichzeitig wird die Steuerung von Prozessen zwischen einzelnen Gruppen und Funktionsbereichen wichtiger und nimmt immer mehr Raum ein.

Bei all diesen Aufgabenstellungen sind die Sicherstellung von Feedback einerseits, andererseits die Herstellung einer kreativen Distanz zum Tagesgeschäft, zu den eigenen Entscheidungen wie auch zur eigenen Person für mich wesentliche Parameter für eine erfolgreiche Führungsarbeit. Für Letzteres, aber auch um sich über die blinden Flecken bei sich und in der Unternehmung bewusst zu werden, würde ich immer auf Coaching zurückgreifen. Ich gebe zu, dass es manchmal einfacher ist, an diesen Dingen vorbeizuschauen und dass Coachingprozesse schmerzhaft sein können — aber wenn ich mich als Führungsperson weiterentwickeln will und diesen Prozess eher umfassend angehen möchte, ist Coaching für mich das Mittel der Wahl.

Welche Qualifikationen, Fertigkeiten und Fähigkeiten wünschen Sie sich für Führungskräfte?

Spontan fallen mir bei dieser Frage folgende Begriffe ein:
  1. Flexibilität, Aufgeschlossenheit und Sensibilität gegenüber der eigenen Unternehmung, den Mitarbeitern, aber auch gegenüber Marktentwicklungen, neuen Risiken und Chancen. Das Handling von komplexen Systemen erfordert systemisches und ganzheitliches Denken — dieses wiederum ist ohne Flexibilität, Aufgeschlossenheit und Sensibilität nicht möglich.
  2. Interdisziplinäres Denken und Arbeiten: Grenzen zwischen Abteilungen und Funktionen werden immer ungeeigneter, um die heutigen Probleme zu lösen. Prozessorientierung, Arbeiten in Projektteams ohne diese Grenzen sind stattdessen erforderlich.
  3. Überzeugungskraft und Authentizität sind wesentliche Persönlichkeitsmerkmale: Vorbildfunktion und Übereinstimmungsgrad zwischen Reden und Handeln sind die Messlatte dafür. Dazu gehört auch Mitwirkung der Mitarbeiter durch Einbezug in Entscheidungsprozesse und Veränderungsmaßnahmen.
  4. Kommunikative Kompetenz ist ein Merkmal, das direkt an das Vorherige anschließt. Wichtig, aber oft vernachlässigt, ist eine Kommunikation, die nicht als Einbahnstraße angelegt ist, sondern die auch Feedback der Mitarbeiter zum Vorgesetzten ermöglicht, wenn nicht sogar bewusst einfordert.
  5. Konfliktmanagement: Ein Spezifikum der kommunikativen Kompetenz, damit ist die Entstörung schwieriger Situationen gemeint, der Ausgleich von Spannungen und die Nutzung von konfliktträchtigen Situationen für Innovation und Wandel in der Unternehmung.
  6. Zum Schluss: Unabdingbar sind sicherlich nach wie vor Intelligenz, analytisches Denkvermögen, Loyalität und Begeisterungsfähigkeit.
Es geht bei dieser Auflistung nicht um sofortige und hundertprozentige Perfektion, wenn jemand als Führungskraft beginnt. Aber das sind die Felder, auf denen sich die Spreu vom Weizen trennt.

Danke für das offene Gespräch!
INSTRUMENTE DES COACHINGS (1):

Sprache im Unternehmen
Reflexion des Unternehmensalltags.



Wir möchten Ihnen in dieser Rubrik zukünftig Instrumente vorstellen, die wir im Coaching einsetzen und als sinnvoll erleben. Unter Instrumenten verstehen wir Checklisten, schriftliche Unterlagen und Anleitungen entweder für eine Eigenarbeit, auch zuhause, oder als Leitfaden für einen strukturierten Dialog innerhalb eines Coachingprozesses.

Den Anfang macht das Thema „Sprache und Unternehmenskultur“. Ziel des im Folgenden wiedergegebenen Instrumentes ist es, Einsicht in das eigene Unternehmen zu bekommen, Möglichkeiten zur Reflexion des Unternehmensalltags zu erhalten und „Meta“ zu sein. Sie können diese Unterlage gern ausdrucken und für sich nutzen. Es gibt kein Copyright; wir gehen davon aus, dass nicht jeder alles neu erfinden muss und gute Dinge sich verbreiten dürfen.  Es gibt unseres Wissens viele Trainer, die mit dem Thema umgehen und möglicherweise auch dazu Materialien auf ähnlicher oder gleicher Basis entwickelt haben.

Die Idee zu der folgenden Unterlage stammt aus der Vorlesungsreihe „Personenorientiertes Handlungswissen“ von Christian Hoffmann und Brigitte Witzer 1996 in Leipzig. Gareth Morgan und sein Buch „Images of Organization“ haben die entscheidenden Anhaltspunkte für die Kategorien und ihre Inhalte gegeben.

Hinweise zur Unterlage:

Sprache im Unternehmen

Unternehmen lassen sich in ihrer individuellen Kultur sehr gut anhand von Sprache einschätzen. Wenn in Gesprächen oder Diskussionen Begriffe aus einem Umfeld benutzt werden, um Handeln zu erläutern, dann können wir sicher sein, dass auch die Redenden und Handelnden mit den Herkunftsfeldern dieser Begriffe zu tun haben.

Bitte ordnen Sie nach die Sprache in Ihrem Unternehmen nach der folgenden Übersicht ein. Falls Sie nicht fündig werden, entwickeln Sie eine eigene Kategorie. Oft gewählt wird eine Überschrift wie „Amerikanismen“. Das allein reicht nicht aus, weil auch die englischen Begriffe wiederum aus bestimmten Handlungsfeldern kommen, die dann nicht gesehen werden. Eine solche Rubrik ist aber sicherlich hilfreich, um die deutliche Orientierung des Unternehmens an US-amerikanischem Management festzustellen.

Manchmal führt eine solche Untersuchung zu erstaunlichen Ergebnissen. Dann findet sich im Medienhaus, das auf juristische Fachinformationen setzt, eine fast rein militärische Sprache wieder. Im großen Druckbetrieb wiederum lässt sich vielleicht eine technische Sprache erwarten – aber hier mischt sich de facto Sport mit Biologie. 

Biologie Kultur Militär Sport

Technik

Energie
Entwicklung
Gesund
Herz
Krank
Leben
Lebenszyklus
Reife
Reproduktion
Schlank
Bildung
Führungsstil
Glauben
Haltung
Hierarchie
Rituale
Symbole
Tradition
Verhalten
Werte
Attackieren
Befehlen
General
Kampagne
Kontingente
Kontrollieren
Manager
Rekrutierung
Strategie
Truppen
Verteidigen
Gewinnen
Kapitän
Punkte
Spiele
Spielertrainer
Spielregeln
Team
Trainer
Trainieren
Verlieren
Ziele
Funktionen
Hebel
Input-Output
Prozesse
Reengineering
Schalten
Uhrwerk
Verzahnen

Nach: Gareth Morgan, Images of Organisation

Gehen Sie gedanklich „mit einer Taschenlampe“ durch Ihren Unternehmensalltag und bringen Sie Licht ins Dunkel:
  1. Wie erleben Sie die Sprache in Ihrem Unternehmen?
  2. Welche Sprache finden Sie selbst mit folgenden Menschen:
    - in Ihrer Familie
    - mit Freundinnen oder Freunden
    - in Ihrem Netzwerk
    - mit Ihrem Vorgesetzten/Ihrer Vorgesetzten
    - mit Ihren Kollegen
    - mit Ihren Kolleginnen
    - mit Ihren Mitarbeitern
    - mit Ihren Mitarbeiterinnen
    - mit unzufriedenen Kunden
    - mit unzufriedenen Kundinnen
    Bitte recherchieren Sie nach Belieben weiter!
  3. Wie sprechen Sie in Situationen, die Sie als schwierig oder herausfordernd erleben?
    Wie in Situationen, in denen Sie Zufriedenheit und Dankbarkeit ausdrücken?
  4. Wie drücken Sie große Freude und Glück aus?
  5. Welche Sprache haben Sie für Wut und Verletzung?

Reflexion:

  • Was daran ist für Sie überraschend?
  • Was können Sie mit den Erkenntnissen tun?
  • Wenn es Änderungsbedarf gibt: Was können Sie ganz persönlich ändern?


POSTHEROISCHES MANAGEMENT UND "DIE ZEIT DER HELDEN IST VORBEI"

Karriere heisst, die eigene Verschiedenheit lebeN.



Karriere als wesentlicher Begriff definiert den Unterschied zwischen einem traditionellen und einem postheroischen Weg für das Berufsleben eines jeden einzelnen: Sie ist der völlig unheroische Weg, proaktiv und dabei unangestrengt die eigene Zukunft weitgehend selbst zu entwerfen, zu gestalten und entsprechend als selbst verantwortet zu begreifen. Darin liegt Ihre Chance, die herausfordernde Aufgabe und eine große Leichtigkeit zugleich: Sie erschaffen Ihre Zukunft. Zunächst als Anhaltspunkt einige Differenzen zwischen postheroischem und heroischem Management in Sachen Karriere:

 

Heroisches Management

Postheroisches Management

Definition Karriere Aufstieg um jeden Preis Seine Individualität im Unternehmen leben können
Karriere-Richtung Vertikal (nach oben) Jede beliebige Richtung, die der eigenen Entwicklung entspricht
Mitarbeit im Unternehmen heißt

Beschäftigung finden

An der genau richtigen Stelle sein
Coaching Hilfe bei der Persönlichkeitsverbesserung (Arbeit an den Schwachstellen) Klärung von Haltungs- und Verhaltensänderungen
(individueller Auftrag)
Ziel von Coaching Besser wirken, besser ankommen Mehr man selbst sein

Über diese Anhaltspunkte hinaus noch einige Gedanken zum Thema, beginnend mit einer Begriffsannäherung. Karriere (1) kommt vom französischen Carrière und bezeichnete ursprünglich die berufliche Laufbahn. Der Laufbahnbegriff allerdings ist in Deutschland dem öffentlichen Dienst vorbehalten mit sehr klar vorgezeichneten Schritten, Qualifikationen und Zeitfenstern. Diese Karriere meinen die wenigsten von uns, wenn sie über Karriere im Unternehmen sprechen.
Hilfreich ist dazu die weitere Bedeutung von Carrière. Sie meint außerdem eine bestimmte Pferdegangart, den gestreckten Galopp. Die Assoziation von Schnelligkeit, Kraft und Dynamik zusätzlich zur Laufbahn passt dann schon deutlich besser.

Kombinieren wir beides, also die generelle Idee von Laufbahn, vom beruflichen Weg, mit rasantem Tempo, dann sind wir bei einem Bild von Karriere, wie es auch gegenwärtig in den Medien zu finden ist.
Aus systemtheoretischer Sicht könnte sich eine Einführung zum Karriere-Begriff so lesen: Karriere bezeichnet den Weg eines Menschen durch das gegenwärtige und durch zukünftige Unternehmen. Menschen mit interessanten Potenzialen suchen sich gezielt das Unternehmen aus, in dem sie Karriere machen können und in dem sie damit die Möglichkeit finden, ihre Individualität zu leben.
Der Soziologe Dirk Baecker (2) formuliert knapp so:

  • Karriere ist die Möglichkeit, meine Verschiedenheit von anderen zu leben.
  • Ein Unternehmen ist dafür da, um meine Karriere zu verwirklichen.
So lässt sich das ebenso präzis wie einfach aus Sicht des einzelnen darstellen. Deutlich schwingt im Hintergrund der Unterschied zwischen alten und neuen Vorstellungen von Arbeit, der Unterschied zwischen dem längst überholten Begriff der Beschäftigung, und dem ganz selbstverständlich benutzten Begriff der Rekrutierung durch Unternehmen mit. Es geht nicht mehr wie in Nachkriegszeiten darum, das zu tun, was schon bei anderen gut funktioniert hat und sich nach der Masse zu richten, um so entsprechend zuverlässig eine Stelle zu bekommen.

Beschäftigung ist heute als Konzept nicht mehr denkbar: Welches Unternehmen sucht noch mittel- oder langfristig Menschen, die für acht Stunden am Tag Dinge abarbeiten, sich zur Verfügung stellen, also im Sinne des Wortes: beschäftigt werden? Rekrutierung dagegen bedeutet nicht nur eine gezieltere Art der Auswahl für ganz klar definierte Stellen, sondern auch, dass die Unternehmen für diese Stellen mehr vom Mitarbeiter erwarten als „die dort anfallende Arbeit“ zu tun. Rekrutiert werden Mitarbeiter mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen, bestimmten Fertigkeiten und bestimmten Facetten, deren Zusammensetzung die Attraktivität des Menschen für genau diesen Arbeitsplatz ausmacht.
Lassen wir es uns noch einmal auf der Zunge zergehen: Karriere bedeutet für jeden einzelnen, genau das in den Mittelpunkt zu rücken, was seine individuelle Besonderheit ausmacht. Es geht also nicht in erster Linie um Anpassung und, wie viele mutmaßen oder unterstellen, Stromlinienform des Managers, im Gegenteil.

Aus diesem Gedanken heraus entwickeln sich eine Fülle von Optionen. Sie haben das, was alle haben – und was genau ist jetzt das spezifische, Ihre ganz eigene Art? Das gilt es zu erkennen, zu entwickeln und auszubauen, und zwar für jeden, der sich verändern will. Was können Sie besonders gut? Welche Qualitäten, welche Interessen an Ihnen sind ungewöhnlich und können sich im Unternehmen positiv niederschlagen?

Keine leichte Frage, tun sich viele Menschen schon schwer damit, eine Liste von zehn eigenen guten Eigenschaften zu formulieren. Sie benötigen dazu oft mehr Zeit als für eine Liste mit zwanzig negativen Merkmalen. Aber genau um diesen Wandel geht es auch: Um den Blick auf die eigenen Stärken und die vorhandenen Talente, und zwar als sachliche, realistische Einschätzung, jenseits von Idealisierung und Größenwahn, die uns ja in beiden Fällen wieder zum heroischen Management führen würden.

Auf welche Talente, auf welche Aspekte der eigenen Person werden Sie also Ihr Augenmerk richten? Hilfreich für diese Überlegungen könnte ein Perspektiven­wechsel sein auf die Unternehmen und den dortigen Blick auf Ihre Talente: In der Personalentwicklung (3) existiert der dazu vielleicht hilfreiche Begriff des Karriereankers. Unter diesem Anker ist eine Zusammenfassung der wesentlichen Aspekte der eigenen Werte, Talente und Motive zu verstehen, die aufgrund der allgemeinen Erfahrungen des Unternehmens zu Karriere-Entscheidungen der Mitarbeiter führen. Wenn Unternehmen so auf Ihre Mitarbeiter schauen, könnte es hilfreich sein, dieser Idee noch ein Stück weiter zu folgen.
Unternehmen prüfen beim Blick auf ihre talentierten Mitarbeiter deren Anker, die als Summe so genannter Schlüsselelemente des Selbstkonzeptes eines Menschen gedacht wird. Von ihnen werden zentrale Entscheidungen verursacht oder stabilisiert: Im Unternehmen bleiben? Es verlassen? Wenn der Anker geworfen ist, bleibt der Mitarbeiter; wird der Anker an Bord geholt, steht ein Wechsel an.
Diese Anker bestehen also aus Schlüsselkonzepten, die sich übersetzen lassen in folgende zentralen Wünsche und Orientierungen von Mitarbeitern:

  • Führungskompetenz und damit auch echte Gelegenheiten zur Führung
  • Technisch-funktionelle Kompetenz für die Erreichung von Zielen über geregelte, ggfs. herausfordernde Verfahren
  • Sicherheit für die Tätigkeit, aber auch für die weitere Entwicklung
  • Kreativität und die Möglichkeit zur Entwicklung neuartiger Problemlösungen
  • Autonomie und Unabhängigkeit als Grundlage für eine weitgehend selbstständige Aufgabenerfüllung

Hört sich das für Sie vertraut an? Wenn Sie diese Liste betrachten, werden Sie möglicherweise feststellen, dass die anderen Karriere-Interessierten sehr ähnliche Schwerpunkte haben wie Sie selbst. Das jedenfalls lässt der Blick auf die Unternehmenswirklichkeit annehmen.
Es geht also im nächsten Schritt darum, die Allgemeingültigkeit der Anker zu akzeptieren und eine persönliche Bestandsaufnahme dieser fünf Schlüsselkonzepte vorzunehmen. Bevor Sie nicht wissen, welche davon bei Ihnen faktisch den Ausschlag geben, können Sie auch nicht auf Ihre Verschiedenheit schauen.

Sie wollen führen? Gut. Wie machen Sie das heute? Finden Sie Beispiele und abstrahieren Sie. Dann: Was daran ist besonders? Sind Sie darin auf eine anziehende und überzeugende Weise für ein Unternehmen attraktiv? Konkreter: Sie sind in China aufgewachsen und haben eine spezifische interkulturelle Kompetenz, die Ihre Möglichkeiten von Führung unweigerlich berührt. Oder Sie sind eine Frau, die mit fünf Brüdern groß geworden ist; wie und in welcher besonderen Weise profitieren Sie davon?

Seien Sie genau und schauen Sie auf die Details Ihres Lebens, die kein anderer in dieser Art und Weise aufzuweisen hat. Je eher Sie dabei ein Gespür für das entwickeln, was Sie mit Begeisterung und Freude erfüllt, umso schneller kommen Sie an die Qualitäten Ihrer persönlichen Anker. In den „moments of Excellence“ liegen die großen Chancen – richten Sie Ihre Energie auf diese Ressource statt auf die vorrangige Bearbeitung Ihrer relativen Schwächen. Im Zweifelsfalle hilft Ihnen ein Coaching dabei, zwischen Wichtigem und Dringendem zu unterscheiden.

die Zeit der Helden ist vorbeiGekürzter, modifzierter Auszug aus dem Buch „Die Zeit der Helden ist vorbei. Persönlichkeit, Führungskunst und Karriere.“ Redline Wirtschaft, 15,90 €, S. 99 ff.

online bestellbar unter: www.amazon.de

(1) de.wikipedia.org/wiki/Karriere 

(2) Baecker, Dirk, in einem zweitägigen Workshop am 31.3.2005 in Bonn zum Thema: Systemtheorie des Coachings. Veranstaltet von Evolutionen, Büro für postheroisches Management, im Rahmen einer Zertifizierung von Coaches.

(2) Fred G. Becker: Lexikon des Personalmanagements. Frankfurt/Main, 2002. S. 133 ff., hier und im folgenden


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